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Wir trauern um Felix

  Am Montag, 24. Juli 2006 um 10 Uhr hat im Gerichtsgebäude Burgschloss Schorndorf  vor dem Amtsgericht Schorndorf die erste Verhandlung um den Unfall von Felix stattgefunden. Weil der Angeklagte Berufung eingelegt hat, hat vor dem Landgericht Stuttgart am 27. November 2006 um 9 Uhr  der Berufungsprozess stattgefunden.

Der erste Prozess selbst verlief nach unserem Eindruck - so belastend er für uns auch war - fair und diente der Aufdeckung aller wesentlichen Fakten um den Unfall.

Die Anklage bezog sich auf zwei Straftatbestände:

- vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs

- fahrlässige Tötung.

Im Prozess wurden der Zeuge gehört, der Felix unmittelbar vor dem Unfall mit seinem (gut beleuchteten) Fahrrad überholt hatte. Der Autofahrer hatte weder ihn noch Felix gesehen und keinerlei Ausweich- oder Bremsversuche unternommen.

Außerdem wurden ausführlich der technische und der medizinische Sachverständige gehört. Entscheidend war, dass die Berechnungen des technischen Sachverständigen ergaben, dass der Unfall unter normalen Umständen (ohne alkoholbedingte Reaktionsverzögerung) durch Ausweichen vermeidbar gewesen wäre.

Der Angeklagte zeigte sich einsichtig und reuig und schilderte offen, wie es zu dem Unfall gekommen ist.

Folgendes Urteil wurde gefällt:

Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Sein Führerschein wird für ein Jahr und zwei Monate eingezogen.

In der Urteilsbegründung wurde zwar anerkannt, dass der Angeklagte sich in einer schwierigen psychischen Situation befunden hatte und dass er sich nach dem Unfall reuig gezeigt und eine Therapie absolviert hatte. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass der Angeklagte unter diesen Umständen niemals ein Auto hätte fahren dürfen.

 

In den Schorndorfer Nachrichten erschien am 25. Juli 2006 folgender Bericht über den Prozess:

Nicht gesprächsbereit?

Bestürzend und belastend waren für uns Äußerungen des Rechtsanwalts des Angeklagten, der in seinem Schlussplädoyer (auf das wir nicht mehr reagieren durften) gesagt hatte, der Angeklagte hätte das Gespräch mit uns gesucht, wir seien aber dazu nicht bereit gewesen. Diese Äußerungen, die nicht der Wahrheit entsprechen, wurden in der Berichterstattung der Schorndorfer Nachrichten unkritisch wiedergegeben. Gaby hat dies in einem Leserbrief an die Schorndorfer Nachrichten richtig gestellt, der am 29. Juli 2006 veröffentlicht wurde:


Leserbrief
Betr.: Alkohol am Steuer ist kein Kavaliersdelikt

Mit diesem Leserbrief möchte ich klarstellen, dass die Darstellung des Verteidigers in dessen Schlussplädoyer, das auch in dem Zeitungsartikel zitiert wurde, nicht der Wahrheit entspricht.
Der Verteidiger hat dargelegt, dass wir, die Familie von Felix, nicht gesprächsbereit gewesen wären und eine Begegnung mit dem Angeklagten verweigert hätten.
Tatsächlich haben wir uns Anfang dieses Jahres(!) auf Bitten der Mutter des Angeklagten und Übermittlung dieses Wunsches an uns durch einen Urbacher Pfarrer zu einem Gespräch bereit gefunden. Dann haben wir wochenlang vergeblich auf den Anruf des Unfallverursachers gewartet. Wegen unmittelbarer Prozessnähe und weil das ständige Warten auf einen Anruf kräftezehrend war, haben wir dann über denselben Urbacher Pfarrer mitteilen lassen, dass wir ein Gespräch erst nach dem Prozess führen werden, falls der Unfallverursacher uns darum bittet. Dies geschah bis jetzt nicht.
Da ich während der Verhandlung diese Verdrehung schon unerträglich fand und sie jetzt öffentlich zitiert wurde, musste ich den Sachverhalt mit dieser Richtigstellung klären.

Doch was in der Zeitung steht, hat seine Wirkung. Verschiedene Menschen haben diese behauptete Gesprächsverweigerung kritisiert ("Ihr müsst doch vergeben können", "wenigstens ein Gespräch mit ihm führen müsst ihr doch"). So stehen wir als hartherzige Menschen da, die nicht bereit sind, mit dem Menschen zu reden, der ihren Sohn auf dem Gewissen hat. Das ist bitter, zu allem Schmerz um Felix' Tod, der uns ohnehin unerträglich ist.

Eine ganz andere Darstellung des Prozesses findet sich in der Stuttgarter Zeitung vom 26. Juli 2006:

Natürlich kann ein Prozess wie dieser in keiner Weise etwas gutmachen. Die Verurteilung des Unfallverursachers kann weder uns noch Felix etwas nützen. Die Höhe des Strafmaßes ändert an der Tatsache von Felix' Tod nichts und schafft auch keine Genugtuung. Aber dass die Schuld geklärt wurde und die vorsätzliche Gefährdung bestraft wurde, ist schon wichtig für uns.

Besonders berührt hat uns das Zusammentreffen mit dem Zeugen, der dem Unfall nur knapp entging, und der als Letzter Felix noch bei Bewusstsein erlebt hat.

Für uns war es eine gute Erfahrung, dass viele unserer Freunde und viele Schulkameraden von Felix dabei waren und mit uns diese schwierige Situation geteilt haben. Vielen Dank allen, die das auf sich genommen haben!

Berufung eingelegt - das Ganze beginnt von vorn!

Mit diesen Worten hatten wir Euch von der Berufung des Angeklagten berichtet.  Der Unfallverursacher war nicht bereit, das Urteil des Amtsgerichts zu akzeptieren, und hat Berufung eingelegt. Die Begründung zeigte, dass die Reuebekundungen des ersten Prozesses rein taktischer Natur gewesen waren und er sich keinesfalls schuldig sieht: Seine Berufung basiert nämlich auf der Behauptung, er sei "schuldunfähig" gewesen. Das Ergebnis war, dass derselbe Prozess vor dem Landgericht Stuttgart noch einmal wiederholt werden sollte. Der Angeklagte hatte vermutlich die Hoffnung, dass er dort ein milderes Urteil erhält, nicht ins Gefängnis muss und sein Leben wie bisher fortsetzen kann.

Uns hat dieser Berufungsprozess schon im Vorfeld psychisch stark belastet. Dennoch haben wir es für richtig gehalten, auch diesmal als Nebenkläger bei der Verhandlung dabei zu sein. Und wir haben unsere Freunde vom Prozess informiert, wohl wissend, dass schon der erste Prozess auch für sie schwer und belastend war. Und erst recht verstehen wir, wenn viele nicht mehr in der Lage waren, das ein zweites Mal mitzumachen.

Der Prozess ist vorüber

Der Prozess begann mit der Verlesung des Urteils der ersten Instanz. Dann folgte eine lange Unterbrechung: der Anwalt des Angeklagten suchte um ein Rechtsgespräch nach, bei dem Möglichkeiten für eine Verkürzung des Verfahrens und etwaige Einigungen im Mittelpunkt standen. Das Ergebnis dieses Gesprächs führte dazu, dass nach langen Beratungen mit dem Angeklagten die Berufung zurückgezogen wurde.

Das bedeutet, dass das Urteil vom Juli rechtskräftig ist. Es blieb uns erspart, einen womöglich mehrtägigen Prozess mit Vernehmung von mindestens 13 Zeugen (soviel hatte der Verteidiger angefordert) ertragen zu müssen. Zum Prozessausgang nur so viel: Für uns ist es gut, dass für den Angeklagten das Leben nicht mit normalem Alltag weitergeht, sondern dass er so genötigt wird, sich mit seiner Tat auseinanderzusetzen.

Wir sind jetzt erst einmal erleichtert, dass die strafrechtliche Seite abgeschlossen ist und der Prozess definitiv vorbei ist. Hilfreich war für uns, dass auch diesmal - obwohl der Prozess an einem Montag morgen in Stuttgart stattgefunden hat - doch etliche unserer Freunde gekommen sind, um uns zu begleiten und uns beizustehen. Danken möchten wir auch allen, die uns in Gedanken und Gebeten begleitet haben. Wir sind froh, dass wir - obwohl es uns gerade schwer fällt, Beziehungen und Freundschaften zu pflegen - nicht alleine dastehen.

 

Ein knappes Jahr vor dem Prozess ist dieses Bild entstanden. Es zeigt Felix bei Bauarbeiten an der neuen Kletterhalle. Unfassbar, dass er nicht mehr bei uns ist!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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